ContainerUni – Ein temporärer Campus der Zeppelin Universität,
Christoph Schäfer, Margit Czenki und quartiervier Architekten
“Nutze das Provisorium und sorge dafür, dass später alle diesem Zustand nachweinen…“ – mit diesem Slogan starteten die Künstler*innen Margit Czenki und Christoph Schäfer eine beschleunigte Wunschproduktion für einen temporären Campus der Zeppelin Universität.
In Kooperation mit dem Architekturbüro quartiervier entstand ein ungewöhnlicher Campus aus rund 180 Containern und einer Schnellbauhalle. Teile der Uni, alle 18 Seminarräume, sowie einige der 80 Büros wurden hochinidividuell durch Mitarbeiter*innen und Studierende angeeignet.
Das Ziel: Unterschiedlichkeit trotz Standardisierung zu ermöglichen, wurde modellhaft umgesetzt, mit einem „Open Test Haus“ nur für Studierende („The Hausordnung does not apply“), dem Mondhaus mit rundum gepolstertem, retrofuturistischem „Mondcontainer“, dem Gartenhaus mit einem 1:1 Nachbau von George Bernhard Shaws rotierendem „Writing Shed“ auf der großzügigen Terrasse, mit dem Autohaus und dem von den Studierenden ausgestatteten, mit gespendeten Möbeln ausgestatteten „Hangar“.
Die ContainerUni ist ein Beispiel für dringlich anstehenden Bauaufgaben, das zeigt, wie intensive Beteiligung und Raumqualität auch mit standardisierten Modulen und unter Zeitdruck gemacht werden kann. Mit elf Seminarräumen, 80 Mitarbeiterbüros, einem Check-In, einem vollwertigem Café und einer improvisierter Mensa, mit Arbeitsräumen und einem Open Test Haus, war sie zugleich der erste vollwertige Uni-Campus am Fallenbrunnen.
Die ZU nutzt das Provisorium als räumliches Experiment, das Kunst, Architektur und Lehre auf neuartige Weise verknüpft. Ideen von Studierenden und Mitarbeitern addieren sich zu einem improvisierten Gesamtwerk, dass die traditionellen Grenzen von Kunst, Stadtplanung und Universität erweitert und herausfordert.
160 Standardcontainer, ein Leichtbau-Hangar und die Inserts bilden eine Terrassenlandschaft mit Aufenthaltsqualität, Sonnenbadepotential und Blickbeziehungen. Dieser kommunikativer Raum vernetzt sich mit der benachbarten DHBW, verbindet sich mit den anderen Nutzern des Fallenbrunnens und bricht fröhlich aus dem Kasernengrundriss aus.
Auch die Innenräume bekamen ihr Profil durch eine Wunschproduktion, die die Künstler Margit Czenki und Christoph Schäfer im Herbst 2011 in Gang setzten.
Wünsche der Mitarbeiter und Studierenden wurden mit dem Architekturbüro quartiervier zugespitzt und zur Baureife entwickelt. So sind Innenräume mit unterschiedlichen Profilen und Zuschnitten entstanden, die der CU Charakter und Individualität geben, wie man sie dem Standardelement Container nicht zutrauen würde.
Mit verantwortlich dafür: mutige ästhetische Entscheidungen von Mitarbeitern (Goldtapete, Jägerzimmer, OSB-Baumarktplattenvollverschalung), der support für künstlerische Konsequenz durch die Geschäftsleitung der ZU, von Studierenden selbst beschaffte, veränderte Möbel – etwa die gesamte Cafèbestuhlung des Hangar -, und die bereits erwähnten Inserts.
Inserts nennen wir kleine Räume, die aus der Logik der Universität herausfallen. Der rundum gepolsterte Mondcontainer, der DDR-Wohnwagen Nagetusch und der Nachbau von G.B. Shaws drehbarem Gartenhäuschen, funktionieren wie follies – wie verspielte Lustpavillions in romantischen Gärten des 18ten Jahrhunderts.
Aus den Inserts leiten sich die Motive und Themen der einzelnen Häuserblöcke ab. Die nur mit dem Mittel der Schablone, mit Gaffer-Tape und Tesa-Pack realisierten Wandgestaltungen, spielen auf Utopien, Ideen und Versprechen vergangener Epochen an. Als künstlerisches Leitthema der CU setzen sich diese Motive -wie das Bauprojekt selbst – mit dem zu Ende gehenden Zeitalter der industriellen Standardisierung auseinander, das abgelöst wird von einem Zeitalter möglicher Massenkreativität.
Dieses Thema wird die ContainerUni in Form von Symposien und Events begleiten – um als Plattform des Austauschs in die Industriell geprägte Stadt Friedrichshafen hereinzuspielen.
Auch das komplette Leitsystem der CU ist improvisiert aus Gaffer-Tape – es liefert alle notwendigen Informationen, bricht aber immer wieder aus der Wegweiserlogik aus, wandelt sich zur Dekoration, kommentiert die Architektur – und macht sich über sich selbst lustig.
Foto von CU-Assistenz Saskia im CU-Overall: (c) Stefanie Schuderla
Alle anderen Fotos: (c) Margit Czenki,